...so könnte man mein momentanes läuferische Seelenleben am besten beschreiben.
Aber von vorne:
Heute stand also der Halbmarathon in Hambrücken an. Eine kleine aber feine Veranstaltung im schönen Rheintal gelegen.
Rheintal bedeutet immer flach und schnell. Genauso wollte ich es auch heute angehen - schnell!
Nach den letzten 3 Wochen sehr intensiven Trainings, so intensiv wie noch nie bisher, war ich guter Dinge. Die Tempo-Einheit von Montag mit den 10km knapp unter 41 Minuten schaffte ich auch recht anständig und ohne über den roten Drehzahlbereich hinauszuschießen.
Der Greifplan gab mir eine Vorgabe mit 4:09-13 zu laufen. Die 4:13 erschienen mir trotz allem Optimismus doch eher angebracht.
So schlugen wir um kurz nach 8 Uhr in der Lußthardt-Sporthalle auf und ich schickte meine Frau gleich zum Nachmeldestand weil ich noch kurz "etwas loswerden" wollte.
Das Wetter war angenehm kühl und die Sonne kündigte sich schon mal für die Mittagszeit am Himmel an.
Ein bissl warmlaufen, ein wenig Gymnastik und schon kündigte der Sprecher den Start an.
Punkt 9 Uhr machten sich die Halbmarathonis und 10km Läufer gemeinsam auf den Weg.
Nach den beiden ersten Kilometern denke ich: hm, das wird heute etwas zäh werden. Bin aber guter Dinge dass sich dass schon wieder legen wird, wenn die Beine erst mal den Rhythmus gefunden haben.
Nach Km 3 und 4 tut es schon ein bissl mehr weh - irgendwie tut heute alles weh - kommt mir so langsam in den Sinn. Je mehr ich darüber nachdenke, desto höher klettert das kleine Teufelchen auf meiner Schulter und flüstert mir Gemeinheiten ins Ohr: "warum quälst du dich so? mach doch langsamer..."
Kilometer 5 geht nach 20:40 Minuten vorbei und ich bin sehr gut im Plan.
Allerdings fangen jetzt die Beine merklich an zu schmerzen. Nach 5 Km !?!?
Zu allem Unglück laufen wir jetzt auch nochmals durch den Zielbereich und Teufelchen läuft jetzt zu Höchstform auf. Ich stelle mir vor wie ich einfach hier auslaufe und stehen bleibe. Wie schön würde das sein. In der Turnhalle gibt es leckeren Kuchen. Niemand würde etwas dagegen haben...
Ich komme wirklich ins Wanken, überlege - "das schaffst du heute nicht - nicht wenn jetzt schon alles weh tut! Es sind noch 16 seeehr lange Kilometer!"
Im nächsten Augenblick bekomme ich auf der rechten Seite heftiges Seitenstechen. Autsch - das habe ich ganz selten - aber Teufelchen legt mir jetzt wohl sehr große Brocken in den Weg, wartet wie lange ich noch wiederstehen kann. Der Schnitt ist schon bei 4:30min/km und fühlt sich aber nicht weniger hart an.
Ich beschließe eine völlig neue Taktik. "Laufe so weit du kannst. Dann bist du so weit vom Ziel weg dass du eh weiter laufen musst" nicht schlecht, was?
Natürlich wurde ich jetzt ständig überholt. So ist dass wenn man mal eben seine 1: 28h auf Ankommen revidiert. Aber noch war ich gar nicht angekommen. Da fehlte noch ein ganzes Stück.
Das "Warum" und "Weshalb" versuchte ich jetzt aus dem Kopf zu verdrängen. Konzentrierte mich nur auf den nächsten Verpflegungsstand.
Der war bei 10 Kilometer in 43:17 Minuten erreicht. Hier ging ich das erste mal um meinen Alibi-Becher (ich trinke normal nix bei einem Halbmarathon - Ausnahme 30+ Grad) ordentlich leer trinken zu können. Dann wieder weitere qualvolle 5 nicht enden wollende Kilometer. Dann selbes Spiel - Oli geht mit seinem Becher in der Hand. Das erinnert mich stark an die Szenen in denen die Tour-Fahrer Ihre Flaschen aus dem Auto bekommen und sich eine gefühlte Ewigkeit dran festhalten. Genau nach diesen Strohhalmen griff ich jetzt auch. Nur auf einem ganz anderen Niveau :-)))
Die letzten 6 Kilometer werde ich dann weiter gedemütigt. Gut genährte Menschen mit bunten Shirts von diversen Lauftreffs überholten mich mit Leichtigkeit. Ähem- Hallo! ich habe vor kurzem einen Ironman gefinished - in einer gar nicht mal so langsamen Zeit - und der Laufsplitt war richtig gut! Scheint sie alle nicht zu interessieren, hat man da noch Worte.
Sehnsüchtig erblicke ich den Zielbogen, das Leiden hat ein Ende. Man meint es gut mit mir und erlöst mich nach 1:34:38, der schlechtesten Zeit seit Moses oder Hannibal. Vielleicht auch noch länger - jedenfalls seit verdammt lange...
Dann, als ich so betröppelt im Ziel stehe, spricht der Meister zu mir. Ganz weit weg kann ich es hören - seine Worte sind tröstend:
Manchmal läuft man in der Mitte der Vorbereitung wie ein Hase und ein anderes Mal wie ein Nilpferd. Das ist teilweise nicht sehr erfrischend, aber durchaus normal. Es ist ein Anzeichen für ein stark gesteigertes Training, dass die Wettkampfkonstanz abnimmt.
Vergiss nicht, deine Zielsetzung ist der Marathon in vier Wochen und dieser Wettkampf ist nur Mittel zum Zweck.
P.Greif
völlig fertig im Ziel
5 Kommentare:
Immerhin: 21 Kilometer im Marathonwettkampftempo, oder?
Also ein schneller Trainingslauf und Pappa Greif kann stolz auf Dich sein. Und in vier Wochen wird dann richtig abgeräumt ;-)
ja, so sehe ich es auch. eigenltich schon gestern, ab km 5 :-))
wobei, für mrt war es eigentlich 4 sekunden zu langsam. gestern hätte ich aber keinen meter mehr gekonnt - no way!
der schmerz in den beinen zeigt mir heute auch dass diese wohl noch so einiges zu verdauen hatten.
Ui, da siehst Du aber seeeehr erholt im Ziel aus ;o)
Im Ernst: so Tage hat man nun mal...bin auch schon im Training ein paar Mal schnell abgebogen, weil garnix ging - mach Dir nix draus..das wird wieder!
stimmt, das bild ist eigentlich ein absoluter overkill.
dagegen sah ich in roth ja aus "wie aus dem ei gepellt" ;-)
ja, ich erinner mich an das breite Grinsen...eine große Zahnreihe mit langen haaren, orangener Brille und einem weißen Trikot...
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